AKTUELLES

 

ANLEGERSCHUTZRECHT

Strafsenat des BGH verneint Betrug bei Verkauf von Schrottimmobilien

Nach Auffassung des BGH besteht grundsätzlich keine Pflicht zur Aufklärung über die Angemessenheit des Kaufpreises einer Immobilie, auch wenn deren Wert erheblich unter dem geforderten Preis liegt. Auch über eine dreißigprozentige Marge als Vertriebsprovision müsste nicht aufgeklärt werden, selbst wenn der Gewinn des Initiators teilweise dazu benutzt wird, die Erwerbsnebenkosten der Kunden zu tragen.
Gegen Freisprüche der Vorinstanz hatte die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt mit dem Argument, hier läge kein Täuschen durch Unterlassen (Aufklärung der erheblichen Innenprovision) vor sondern es bestünde eine konkludente aktive Täuschung über die Wirtschaftlichkeit, weil die hohen Innenprovisionen Rückschlüsse auf die geringe Werthaltigkeit der Immobilie und ihrer Rentabilität zuließen.
Dem ist der BGH nicht gefolgt. Der Initiator konnte sich offenbar dadurch entlasten, dass die finanzierenden Banken ihm Bewertungen vorgaben, auf deren Grundlage er die Verkaufspreise festlegte. Außerdem sind die Weiterverkäufe der Wohnungen erst Jahre später zu deutlich geringeren Preisen erfolgt, was aber auch verschiedene Ursachen haben könne, so der BGH.
Urteil- 20.05.2015- 5 StR 547/14
Man wird die Entscheidung daher nicht generalisieren können. Die Entscheidung ist auch insoweit nicht verständlich weil im Jahre 2004 der Zivilsenat des BGH eine Aufklärungspflicht über Innenprovisionen jedenfalls dann angenommen, wenn diese neben dem fünfprozentigen Agio mehr als 15 % der Kapitalinvestition ausmacht.

 

 

Wirtschaftsprüferhaftung für fehlerhafte Prospektangaben

Werden Wirtschaftsprüfer als Abschlussprüfer für eine Kapitalgesellschaft tätig, besteht bei einer fehlerhaften Prüfung kein Schadenersatzanspruch gegenüber Gläubigern oder Aktionären der GmbH oder AG (§ 323 I S. 3 HGB).
Anderes gilt jedoch, wenn Wirtschaftsprüfer damit beauftragt werden, die Grundlagen einer Gewinnprognose zu prüfen, wenn die Prognose Bestandteil eines Prospektes zur Zeichnung von neuen Aktien ist. In seiner Entscheidung vom 24.04.14 judiziert der dritte Senat des Bundesgerichtshofs, dass eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft für ein falsches Testat gegenüber den Aktienerwerbern haftet. Die Aktienerwerber werden in den Schutzbereich des Vertrages zwischen der die Aktien ausgebenden Gesellschaft und den Wirtschaftsprüfern einbezogen.
Dies ist dann der Fall, wenn Dritte, hier Aktienerwerber, mit der vertraglichen Hauptleistung des Schuldners (Wirtschaftsprüfers) gegenüber der emittierenden Aktiengesellschaft in Berührung kommen und dies gerade Sinn und Zweck des Vertrages ist. Die Aufnahme des WP-Testates in den Wertpapierprospekt war Grundlage des Auftrages an die Wirtschaftsprüfer (BGH U. 24.04.14 – III. ZR 156/13).

 

 

CS Euroreal in Liquidation

Der aktuelle Fondspreis für einen Anteil beträgt per 5.4.13 ganze Euro 29,51. Soweit Anleger Anteile nach Juli 2009 erworben haben, bestehen begründete Aussichten gegen die Vertriebsbank Schadensersatzansprüche durchzusetzen. Einmal wurde im Juli 2009 die bis dahin geltende strikte dreijährige Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche ab Erwerb von Wertpapieren gem. § 37 a Wertpapierhandelsgesetz aufgehoben. Zum hatte der CS Euroreal die Rücknahme der Fondsanteile bereits einmal vom 29. Oktober 2008 bis 29. Juni 2009 ausgesetzt. Soweit ein konservativer Anleger auf diesen Umstand bei Erwerb nicht hingewiesen wurde, liegt eine Pflichtverletzung der beratenden Bank oder Vertriebsgesellschaft vor.

 

 

Lehman-Zertifikate
Keine Aufklärungspflicht der Bank beim Verkauf von Wertpapieren im Eigengeschäft.

Nach den Revisionsurteilen des BGH zu den Lehman-Zertifikaten besteht nur dann eine Auf-klärungspflicht über Rückvergütungen, wenn ein Drei-Personen-Verhältnis vorliegt, wie etwa bei einem Kommissionsgeschäft. Verkauft eine Bank Wertpapiere im Eigengeschäft, muss sie den Kunden nicht über Einkaufsrabatte oder Gewinnmargen aufklären. "Nach der gesetzge-berischen Grundentscheidung trifft die Bank als Verkäuferin der vom Anleger georderten Wertpapiere – anders als etwa den Kommissionär für den Anleger in Bezug auf die erhaltenen Provisionen – keine Pflicht zur Offenlegung ihrer Gewinn- oder Handelsspanne. Aufklä-rungspflichtige Rückvergütungen liegen nur dann vor, wenn Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde an einen Dritten zahlt, hinter seinem Rücken an die beratende Bank - regelmäßig umsatzabhängig – zurückfließen, so dass diese ein für den Kunden nicht erkennbares besonderes Interesse hat gerade dieses Produkt zu empfehlen."

Die Rückzahlung der Zertifikate sollte in Abhängigkeit der Entwicklung des Euro-Stoxx-50-Preis-Index erfolgen durch einen Vergleich zwischen dem Kaufdatum 2007 und des Index nach vier Jahren am 19.10.2011. Bei einer maßgeblichen Kurssteigerung sollte ein Bonus von 15% auf den Zertifikatwert gezahlt werden.

Der BGH lehnte eine Haftung der beklagten Hamburger Sparkasse ab, insoweit sie bei der Verkaufsberatung die Anlegerin nicht darüber aufgeklärt hat, ob und in welchem Ausmaße wahrscheinlich der positive Eintritt der Zertifikatsbedingungen war. Die Annahme eines ent-sprechenden Kursverlaufs sei ex ante betrachtet jedenfalls nicht unvertretbar gewesen, so der BGH.

Unsere Kritik an dieser Entscheidung:

Keine Ausführungen enthält das Urteil dazu, dass der Euro-Stoxx vor 2007 bereits einen nachhaltigen Kursanstieg verzeichnet hatte, so dass die Prognose eines weiteren Anstiegs mit einem entsprechenden Index-Stand nach vier Jahren für einen börsenerfahrenen Banker kei-nesfalls gesichert war.

Mit einem bloßen Hinweis auf das zum Zeitpunkt des Zertifikatverkaufs positive Rating von Lehman Brothers ist es unseres Erachtens nicht getan.

Dem Urteil sind keine Angaben dazu zu entnehmen, ob man sich seitens der Bank über das Volumen der insgesamt von Lehman Brothers bzw. der niederländischen Tochtergesellschaft begebenen 170 ! Zertifikate Gedanken gemacht hat. Allein der Hinweis, die Anlegerin habe den Wettcharakter des Papiers erkannt und das alleinige Abstellen auf die Risikostruktur des betreffenden Zertifikats, beinhaltet eine eingeschränkte Betrachtungsweise und wird den Gefahren nicht gerecht, die für einen durchschnittlichen Anleger mit der Investition in solche Papiere verbunden sind. Offenbar wurde die Anlegerin dadurch beruhigt, dass das Zertifikat jedenfalls nach vier Jahren zu 100% zurückgezahlt würde.

 

Geschlossene Fonds werden zumeist

als Publikums-Kommanditgesellschaften konzipiert. Die Anleger sind oft indirekt durch einen Treuhandkommanditisten beteiligt. Macht ein Insol-venzverwalter gegen diesen im Handelregister eingetragenen Treuhandkommanditisten An-sprüche geltend, hat dieser eine Freistellungsanspruch gegenüber den Anlegern, wonach die Anleger als Treugeber den Treuhandkommanditisten von der Verbindlichkeit freizustellen haben. Auch wenn ein Abtretungsverbot vereinbart worden ist, hat der Treuhandkommanditist den-noch das Recht, diesen Freistellungsanspruch an den Insolvenzverwalter abzutreten, der sich n durch die Abtretung in einen direkten Zahlungsanspruch gegen den Anleger umwandelt. Ge-gen diesen dann bestehenden Direktanspruch des Insolvenzverwalters kann der Anleger auch nicht mit Schadensersatzansprüchen aus Prospekthaftung gegen den Treuhandkommanditisten aufrechnen.

BGH, Urteil v. 22.3.2011 – II ZR 271/08

 

Pflichten der Bank bei Zinswährungsswapgeschäften

Eine mangelnde Aufklärung über die Rentabilität einer Fondsbeteiligung und über Rückvergütungen an die beratende Bank beinhalten zwei verschiedene Streitgegenstände, auch wenn sie dieselbe, von der Bank empfohlene Investition betreffen. Hat ein Anleger wegen der ersten Beratungspflichtverletzung erfolglos geklagt, schließt dies nicht aus, dass er wegen den verschwiegenen Rückvergütungen erneut Klage erheben kann. Auch die Verjährungsfristen laufen unterschiedlich. Ein etwaiges Wissen über Rückvergütungen oder deren grob fahrlässige Unkenntnis bei dem früheren Prozessbevollmächtigten wird dem Anleger nicht gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zugerechnet. OLG Celle, 3 U 173/11, Urteil v. 28.12.2011

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Aufklärungspflicht über den negativen Marktwert eines CMS-Spread-Ladder-Swaps (BGH, XI ZR 33/10, Urteil v. 22.3.2011) ist auf einfach strukturierte Swap-Geschäfte nicht übertragbar. In zwei Entscheidungen vom 18.1.2012 hat das Oberlandesgericht Köln eine Haftung der Bank im Zusammenhang mit einem Zins-Währungs-Swapvertrag abgelehnt. Für den Kreditnehmer seien die mit einem solchen Vertrag verbundenen Unwägbarkeiten wegen des variablen Zinssatzes erkennbar. Das Landgericht Köln hat sich diesen Entscheidungen angeschlossen und einen Schadensersatzanspruchs des Kreditnehmers abgelehnt, weil der Kurswert der wechselseitigen Zahlungen vereinbart war und somit die Bank keinen für sie von vorneherein erkennbaren Vorteil zu eigenen Gunsten verheimlicht hat. (LG Köln 3 O 459/10, Urteil v. 27.3.2012)

Anders hat das OLG Stuttgart entschieden: Der Anleger ist über die Chancen und Risiken des Vertrages aufzuklären, aber auch über den Vermögenswert der ausgetauschten Leistungsverpflichtungen, soweit er selbst den Wert nicht ermitteln kann. Der Berater hat sorgfältig die Risikobereitschaft des Kunden zu ermitteln. Der Berater kann nicht einfach davon ausgehen, dass der Anleger bereit ist, dass Maximalrisiko zu tragen. Vielmehr muss der Berater die konkrete Verlustbereitschaft des Anlegers erfragen. Dem Anleger muss erklärt werden, wie die Risikopositionen geschlossen werden können. Muss der Berater davon ausgehen, dass der Anleger nicht in der Lage ist, den Marktwert seiner Position während der Laufzeit zu beobachten oder durch kompetente Dritte verbindlich ermitteln zu lassen, muss dies die Bank selbst vornehmen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie die konkrete Risikobereitschaft des Anlegers nicht ermittelt hat. (OLG Stuttgart 9 U 11/11, Urteil v. 14.12.2011)

 

Der Schadenersatz bei der Rückabwicklung eines Immobilienerwerbs

umfasst auch die Nachversteuerung der Afa-Verluste soweit die Rückabwicklung innerhalb der zehnjährigen Speku-lationsfrist gemäß § 23 EStG erfolgt. Bis 1999 betrug die Spekulationsfrist bei Vermietung und Verpachtung nur zwei Jahre. Deswegen verblieben dem geschädigten Immobilienanleger in der Regel die Steuervorteile aus Afa.

Heute ist dies nicht mehr der Fall. Der BGH hat nunmehr erneut entschieden, dass die steuer-liche Nachbelastung der Afa ein selbständiger zu ersetzender Schaden sei, den der Steuer-pflichtige im Jahr der Rückabwicklung erleidet. "Es kann den Klägern jedoch nicht verwehrt sein, in den von ihnen anzustellenden Gesamtvermögensvergleich die Steuernachbelastung als Schandeposition insoweit einzustellen, als sie zugunsten der Beklagten auf die vorher erzielte Steuervorteile aufnehmen." Entsprechendes gilt auch für die sonstigen Werbungskosten im Sinne von § 9 I EStG. Die sich aus dem Rückfluss dieser Werbungskosten ergebende Steuerlast ist ebenfalls zu ersetzen. BGH VIII ZR 154/10 – NJW 2012, 1573

 

 

Eingeschränkte Aufklärungspflicht der Banken bei Kick-back-Zahlungen

Nach der neusten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Rückflüsse von Anlagegesellschaften nur dann gegenüber dem Kunden aufklärungspflichtig, wenn der Rückfluss aus offen ausgewiesenen Provisionen erfolgt. Dazu gehören das Agio oder auch dem Kunden in Rechnung gestellte Verwaltungskosten. BGH, U. v. 16.10.2012 – XI ZR 367/11.

Dies bedeutet eine gravierende Einschränkung der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Es kommt auch nicht mehr darauf an, ob ein sog. Eigengeschäft vorliegt, oder aber das Wertpapier im Wege der Kommission für den Kunden geordert wird. Bislang hatte die Rechtsprechung im letzteren Falle aus den auftragsrechtlichen Bestimmungen §§ 666, 667 BGB, § 384 II HGB (Informations- und Rechenschaftspflicht des Kommissionärs gegenüber dem Kommitenten) eine Aufklärungspflicht angenommen. Soweit jedoch der Anleger einen Anspruch auf Aufklärung über die Rückflüsse an die Bank hat, ist dies für den Beginn der Verjährungsfrist relevant. Erst wenn der Anleger Kenntnis von diesen Rückflüssen aus Vertriebsprovisionen oder Verwaltungsgebühren hat, läuft auch die dreijährige Regelverjährung ab Jahresende, in welchem der Anleger Kenntnis erlangt hat.

Nach dem allerneusten Urteil des Bundesgerichtshofs zu diesem Komplex vom 26.2.2013 – XI ZR 498/11 hängt jedoch der Beginn der Verjährungsfrist nicht von der Kenntnis der genauen Höhe der Rückvergütung ab, schon wenn der Anleger weiß, dass die Bank eine Rückvergütung enthält, läuft die dreijährige Verjährung ab Jahresende.

Soweit Innenprovisionen nicht aus ausgewiesenen Vertriebsprovisionen stammen, sondern versteckt in den Herstellungskosten des Kaufobjekts enthalten sind, bleibt es jedoch bei der bisherigen Rechtsprechung, wonach dann eine Aufklärungspflicht besteht, wenn diese Innenprovisionen 15% des Beteiligungskapitals übersteigen.

 

 

Neuere Rechtsprechung zur Prospekthaftung
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Prospekthaftung Verjährung bei Prospektmängeln

Nach der neuen Rechtslage verjähren Schadenersatzansprüche aus Prospekthaftung drei Jahre ab Jahresende, in dem der Anleger von der Unrichtigkeit des Prospektes positive Kenntnis hat oder ihm eine grob fahrlässige Unkenntnis Prospektfehlers vorzuwerfen ist.

Grob fahrlässige Unkenntnis liegt jedoch nur dann vor, wenn dem Anleger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt hat. Es muss ihn selbst ein schwerer Obliegenheitsverstoß gegen eigene Angelegenheiten bei der Anspruchsverfol-gung treffen. Nach den nunmehrigen Rechtsprechung des BGH liegt die grob fahrlässige Unkenntnis nicht schon dann vor, wenn sich die anspruchsbegründenden Umstände sogar aus dem Prospekt selbst ergeben, dessen Lektüre der Anleger jedoch unterlassen hat. Zwar kann bei rechtzeitiger Überlassung vor Vertragsschluss die Aushändigung eines Prospektes im Einzelfall ausreichen, um den Beratungs- und Auskunftspflichten genüge zu tun.

Vertraut der Anleger jedoch auf den Rat und die Angaben seines Beraters oder Vermittlers und sieht er deshalb von einer Prospektlektüre ab, handelt er im Allgemeinen nicht in subjektiver und objektiver Hinsicht grob fahrlässig. Insoweit hat das Vertrauen auf den Berater Vorrang.

In dem entschiedenen Fall hat der BGH selbst dann keine grob fahrlässige Unkenntnis angenommen, wenn der Anleger einen später aufgelegten Prospekt zur Kenntnis genommen hat, der den betreffenden Prospektfehler des ersten Prospektes zwar erwähnt aber nicht ausdrücklich korrigiert. BGH, U. v. 27.11.2011

 

 

Verjährung des Schadenersatzanspruchs – grobe Fahrlässigkeit

Die generell geltende dreijährige Verjährungsfrist, auch bei Schadenersatzansprüchen bei einer fehlerhaften Anlageberatung, beginnt gemäß §199 Abs. I Nr. 2 BGB am Ende des Jahres, in dem der Anleger positive Kenntnis von der Falschberatung hatte, oder aber grob fahrlässigerweise das Bestehen eines Schadenersatzanspruchs ignoriert oder übersehen hat. In einem Fall hat sich die beklagte Beratungsfirma auf grob fahrlässige Unkenntnis des Anlegers berufen, weil dieser die Diskrepanz zwischen den mündlichen Angaben des Beraters und den Angaben auf dem Zeichnungsschein übersehen hatte. Der BGH ließ dies nicht gelten, weil die auf Grund der Falschberatung getroffene Entscheidung nur noch formal durch den dem Anleger vorgelegten Zeichnungsschein vollzogen wurde. (BGH U.v. 23.03.2017 – III ZR 93/16)

 

 

Aufklärungspflicht eines Treuhandkommanditisten

Kapitalanleger können sich entweder direkt als Kommanditisten bei einer Investitions-KG beteiligen und werden dann in das Handelsregister eingetragen, oder aber mittelbar über einen Trauhandkommanditisten. Verschweigt dieser Trauhandkommanditist wesentliche, ihm bekannte oder bei gehöriger Prüfung ihm erkennbare Umstände, über die der Treugeber eine Aufklärung erwarten konnte, begründet dies einen Schadenersatzanspruch gegen den Trauhandkommanditisten. (BGH U. v. 16.03.2017 - III ZR 489/16)

 

 

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KAUF- UND LEASINGRECHT

BGH zur Verjährung von Mängelgewährleistungsansprüchen bei Kauf einer Photovoltaikanlage

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Gewährleistungsansprüche bei Lieferung mangelhafter Teile einer Photovoltaikanlage innerhalb von zwei Jahren verjähren.

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die geltend gemachten Ansprüche nicht in fünf Jahren (§ 438 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BGB), sondern in zwei Jahren (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB) verjähren. Die gelieferten Einzelteile der Photovoltaikanlage wurden nicht für ein Bauwerk verwendet. Die auf dem Dach der Scheune errichtete Photovoltaikanlage ist selbst kein Bauwerk im Sinne des Gesetzes. Bauwerk ist allein die Scheune, auf deren Dach die Anlage montiert wurde. Für die Scheune sind die Solarmodule jedoch nicht verwendet worden. Sie waren weder Gegenstand von Erneuerungs- oder Umbauarbeiten an der Scheune, noch sind sie für deren Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit von Bedeutung. Vielmehr dient die Anlage eigenen Zwecken; denn sie soll Strom erzeugen und dem Käufer dadurch eine zusätzliche Einnahmequelle (Einspeisevergütung) verschaffen. Damit greift die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede durch. BGH – VIII ZR 318/12

Der Leasinggeber ist regelmäßig Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuches. Der Hersteller leistet das Leasinggut in der Regel auf Weisung des Leasinggebers an den Leasingnehmer, der oftmals ein Nichtkaufmann ist.

In diesem Fall trifft auch den nichtkaufmännischen Benutzer eine unverzügliche Rügeobliegenheit, wenn das Leasinggut bei Übergabe Mängel aufweist.

Unterlässt es der Leasinggeber, den Verbraucher auf die unverzügliche Rügeobliegenheit gemäß § 377 HGB hinzuweisen, macht sich der Leasinggeber gegenüber dem Verbraucher schadensersatzpflichtig.

Berufungsurteil des Berliner Kammergerichts vom 27.03.2013 – 25 U 59/12

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AKTUELLES DARLEHENSRECHT

Werden ein Kaufvertrag und Darlehensvertrag als verbundenes Geschäft abgeschlossen §§ 358,359 BGB, ist der Käufer so zu stellen, wie er bei einem nicht finanzierten Teilzahlungsgeschäft stehen würde bei dem der Kaufpreis an den Verkäufer in Raten gezahlt wird.

OLG Frankfurt U. vom 19.09.13 – 15 U 11/12 im Anschluss an BGHZ 143,43

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BANK- UND INSOLVENZRECHT

Das Verbraucherinsolvenzverfahren ist auch dann anzuwenden, wenn der Schuldner neben einer abhängigen Beschäftigung einer wirtschaftlich selbstständigen Tätigkeit nachgeht, so-weit diese als Nebentätigkeit keinen nennenswerten Umfang erreicht und sich nicht organisa-torisch verfestigt hat; eine nur gelegentlich ausgeübte Tätigkeit ist keine selbstständige Er-werbstätigkeit. Das Verbraucherinsolvenzverfahren hat gegenüber dem Regelinsolvenzverfahren den Vorteil, dass dabei kein mitunter kostenträchtiges Gutachten über die wirtschaftliche Situation des Schuldners eingeholt werden muss. Die dadurch bedingte Verzögerung des gesamten Verfah-rens wird dann vermieden.

BGH, Beschluss v. 24.3.2011 – IX ZB 80/11

 

Keine Anfechtbarkeit bei neuer Liquidität durch Sanierungskonzept

Rechtshandlungen eines Schuldners, die vor dem Insolvenzeröffnungsantrag mit dem Vorsatz begangen wurden, die Gläubiger zu benachteiligen und wenn der begünstigte Gläubiger diesen Benachteiligungsvorsatz des Schuldners kannte, sind anfechtbar. Nach § 133 Insolvenzordnung wird diese Kenntnis vermutet, wenn der Gläubiger wusste, dass die Zahlungsunfä-higkeit bereits drohte und die Handlung die übrigen Gläubiger benachteiligen würde.

Mit dem bloßen Hinweis, dass die Handlung Bestandteil eines Sanierungskonzepts des Schuldners sei, kann der Gläubiger seine subjektive Kenntnis nicht entkräften. Ein Sanierungsversuch des Schuldners schließt dessen Vorsatz, die Gläubiger zu benachteiligen, jedoch dann aus, wenn Regelungen mit einzelnen Gläubigern dem Schuldner neue Liquidität verschaffen soll, durch die er die übrigen Gläubiger befriedigen kann. BGH, Urteil v. 8.12.2011 – IX ZR 156/09

 

 

derselbe BGH Senat zur Gläubigerbenachteiligung

An die Kenntnis einer drohenden Zahlungsunfähigkeit eines „klammen“ Schuldners werden hohe Anforderungen gestellt, bevor eine Gläubigerbenachteilung angenommen wird. Hierzu reicht das bloße Wissen des Gläubigers über die drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht aus. Der Gläubiger muss auch wissen, dass eine weitere Belieferung des Schuldners bei diesem wegen mangelnder Rentabilität nicht zu einer Wertschöpfung führt, aus der sich eine Verbesserung seiner finanziellen Situation ergibt. (BGH 04.05.2017 – IX ZR 285/16).

 

 

Anfechtung bei inkongruenter Deckung gemäß § 131 InsO

Hat jedoch ein Gläubiger nach einem von ihm selbst gestellten Insolvenzantrag die Erfüllung seiner Forderung vom Schuldner erhalten und nimmt er anschließend den Antrag zurück, besteht der Anfechtungsgrund gemäß § 131 InsO, wenn dem Schuldner durch die Befriedigung seiner gegenwärtigen Gläubiger keine Mittel mehr zur Verfügung stehen, die er zur Erfüllung anderer als bald fälliger Verbindlichkeiten benötigt; BGH, U. v. 25.10.2012; IX ZR 117/11.

 

 

Der Anspruch auf Rückzahlung eines Darlehens

eines GmbH-Gesellschafters an die GmbH (kapitalersetzendes Darlehen) ist nach § 39 Abs. 1 Ziff. 5 InsO nachrangig. Im entschiedenen Fall des OLG Stuttgart hatte der Gesellschafter den Rückzahlungsanspruch gegen die GmbH an einem Dritten abgetreten. Die GmbH erfüllte sodann im Jahr vor dem Insolvenzeröffnungsantrag den Rückzahlungsanspruch. Die Einrede der Anfechtbarkeit durch den Insolvenzverwalter gemäß §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO kann dem Zessionar/Abtretungsempfänger entgegen gehalten werden. Der Anfechtungsanspruch richtet sich dann auch nicht mehr gesamtschuldnerisch gegen den Gesellschafter, sondern ausschließlich gegen den Zessionar.

OLG Stuttgart, U. v. 8.2.2012 – 14 U 27/11

 

1. Die Rückführung eines ungekündigten Kontokorrentkredits während drei Monaten vor dem Antrag auf Insolvenzeröffnung ist unwirksam.

Nach § 131 Abs. 1, S. 2 InsO sind Rechtshandlungen innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag unwirksam, wenn der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war. Zieht eine Bank in dieser kritischen Phase Forderungen des Schuldners ein, wodurch sich der Sollstand des Girokredits vermindert, ist diese Rückführung durch den Insolvenzverwalter anfechtbar. Da der Kredit in dieser Phase noch nicht gekündigt war, hatte die Bank keinen Anspruch auf Rückführung, sodass den Gutbuchungen kein fälliger Anspruch der Bank entsprach (inkongruente Deckung). (Urteil des Insolvenzsenates des BGH IX ZR 140/08 v. 07.05.09).

2. Bank-Lastschriftraten für Kauf oder Leasinggeschäfte, die drei Monate vor dem Insolvenzeröffnungsantrag eingezogen wurden, können von dem Insolvenzverwalter nicht im Wege der Anfechtung zur Masse zurückverlangt werden. Die sechswöchige Genehmigungsfiktion der Lastschrift greift nicht bei einem vorläufigen Insolvenzverwalter. Im übrigen scheitert die Anfechtung auch, weil ein Bargeschäft vorliegt, § 142 InsO, dabei entspricht dem Rateneinzug eine Gebrauchsüberlassung. (BGH 2.4.09 IX ZR 171/07). Fällt der Lastschrifteinzug in die Zeit nach Eröffnungsbeschluss kann der endgültige Verwalter die Lastschrift zwar zurückholen; tut er dies nicht, ist eine Anfechtung ebenso ausgeschlossen.

3. Zahlungen eines Drittschuldners (z.B. einer Bank) nach Insolvenzeröffnung auf zur Sicherheit abgetretene Forderungen können dem Verwalter gegenüber unwirksam sein. Die Bank muß den Betrag noch einmal zu Masse leisten, wenn ihr die Insolvenzeröffnung und bekannt war, daß es sich um eine Sicherungsabtretung gehandelt hat. (BGH IX ZR 65/08 Urteil 23.4.09)

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WETTBEWERBSRECHT

Änderung der BGH-Rechtssprechung zur Geschäftsführerhaftung im Wettbewerbsrecht

Bislang war der für Wettbewerbsrecht zuständige 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes der Auffassung, dass bereits die Kenntnis des Geschäftsführers einer GmbH oder AG von Wettbewerbsverletzungen des Personals für seine persönliche Außenhaftung ausreicht. Diese Rechtssprechung wurde jetzt aufgegeben. Notwendig für eine Außenhaftung ist es, dass der Wettbewerbsverstoß auf einem Verhalten beruht, das nach dem äußeren Erscheinungsbild dem Geschäftsführer zuzurechnen ist. So etwa bei einer rechtsverletzenden Firmierung oder einem Werbeauftritt des Unternehmens. Wenn dem Geschäftsführer lediglich bekannt wird, dass Mitarbeiter Wettbewerbsverstöße begehen, trifft ihn zwar die Verpflichtung dies abzustellen. Diese Pflicht besteht aber nunmehr nur noch gegenüber der GmbH und nicht im Verhältnis zu Dritten.
– BGH Urteil vom 18.06.14 – I ZR 242/12 –

 

 

Einmal die Wartefrist von zwei Wochen nach Zustellung des Verfügungsurteils bevor das Abschlussschreiben dem Verfügungsbeklagten zugeht und eine weitere Frist von ebenfalls zwei Wochen, die dem Schuldner einzuräumen ist, ob er die Abschlusserklärung abgeben will oder nicht. Dabei dürfen die Warte- und Erklärungsfrist nicht kürzer sein als die Berufungsfrist von einem Monat gegen das Verfügungsurteil. Werden diese Fristen vom Gläubiger nicht eingehalten, besteht auch kein Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten für das Abschlussschreiben. – Wettbewerbssenat des BGH Urteil vom 22.01.2015 I. ZR 59/14 –

 


Verwendung einer fremden Marke als Keyword für eine Internet-Suchmaschine zulässig

Die Verwendung einer fremden Marke als Keyword für eine sogenannte "AdWord-Werbung" in einer Internet-Suchmaschine stellte keine kennzeichenrechtliche relevante Benutzerhandlung dar. So lautet eine aktuelle Entscheidung des OLG Frankfurt am Main. Voraussetzung ist jedoch, dass bei Eingabe der Marke in die Suchmaschine die durch das Keyword angesteuerte Werbeanzeige als solche klar und eindeutig erkennbar und von der Trefferliste getrennt dargestellt wird.

Der Vertreiber eines auf "probiotischen Mikroorganismen" basierenden Erfrischungsgetränks, der auch Lizenznehmer der eingetragenen Marke ist, hatte sich im Wege eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Vertreiber eines anderen Erfrischungsgetränkes gewandt. Er hatte beanstandet, dass der Antragsgegner die Marke dadurch benutze, dass er auf der Internetseite www.google.de eine Werbeanzeige geschaltet hatte, die dann erscheine, wenn man die Marke als Suchbegriff in die Google-Suchmaschine eingebe und über einen Link dann zur Seite des Antragsgegners führe. Die Platzierung der Anzeige neben den Ergebnissen der Suchmaschine erfolge, weil der Antragsgegner bei Google eine Vielzahl von sogenannten "AdWords" angegeben habe, die eine inhaltliche Verbindung zur Marke aufwiesen.

Wie das Landgericht in erster Instanz entschied nun auch der 6. Zivilsenat, dass das beanstandete Verhalten der Antragsgegner nicht unzulässig sei.
Eine kennzeichenrechtlich relevante Benutzung einer Marke als sogenanntes "Metatag" sei nur dann gegeben, wenn der Betreiber der Internetseite im für den Benutzer nicht ohne weiteres sichtbaren Quelltext ein fremdes Kennzeichen als Suchwort verwende, um auf diese Weise bei der Benutzung von Suchmaschinen die Trefferhäufigkeit seines Internetauftritts zu erhöhen. Hiervon unterscheide sich die Benutzung eines Kennzeichens - also auch einer Marke - als AdWord dadurch, dass in diesem Fall nicht das Suchergebnis an sich und damit die Trefferliste, sondern lediglich die Platzierung der Werbeanzeige beeinflusst werde. Die in der Rechtsprechung teilweise vertretene Gleichbehandlung von Metatag und AdWord werde nach Auffassung des 6. Zivilsenats der unterschiedlichen Funktion beider Instrumente nicht gerecht. Durch die Verwendung einer fremden Marke als AdWord werde das Kennzeichen nicht in seiner Hauptfunktion genutzt, die darin liege, die beworbene Ware dem Markeninhaber zuzuordnen. Die "Lotsenfunktion" des Zeichens werde hier vielmehr nur zur Präsentation einer als solcher erkennbaren Eigenwerbung genutzt. Damit werde gerade nicht der Eindruck erweckt, es bestehe eine Verbindung zwischen der beworbenen Ware und dem Geschäftsbetrieb des Markeninhabers.

Diese Vorgehensweise stelle nach Auffassung des Senats auch keinen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht in Form einer unlauteren Rufausbeutung oder Abfangens von Kunden dar.

OLG Frankfurt am Main Aktenzeichen 6 W 17/08
(Meldung vom 31.03.2008)

 


Bewertungsportal / Störer

Der Betreiber eines Bewertungsportals gilt als unmittelbarer Störer und kann insoweit auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn er sich die Bewertung / Äußerung des Dritten zu eigen macht. Insoweit muss es nach einer Gesamtbetrachtung erkennbar sein, dass der Portalbetreiber auch die inhaltliche Verantwortung der Bewertung des Dritten übernimmt, etwa durch eine inhaltlich-redaktionelle Überprüfung. Insbesondere gilt dies dann, wenn der Portalbetreiber auf Intervention des Kritisierten / Bewerteten die Bewertung überprüft und eigenständig Änderungen vornimmt. BGH Urteil vom 04.04.17 – VI ZR 123/16

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GESELLSCHAFTSRECHT

Zweigliedrige GmbH

Sind bei einer zweigliedrigen Gesellschaft beide Gesellschafter zu 50 % beteiligt, besteht die Gefahr, dass im Streitfalle die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft blockiert wird. Um dem zu begegnen, können sog. "Russian-Roulette-Klauseln" in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden: danach kann ein Gesellschafter seine Beteiligung dem anderen unter Nennung eines bestimmten Preises zum Kauf anbieten, wobei der andere Gesellschafter bei Nichtannahme verpflichtet ist, seinerseits seinen Anteil dem Anbietenden zum gleichen Preis zu verkaufen und abzutreten. Gleichzeitig kann vereinbart werden, dass dann auch bestehende Anstellungsverhältnisse des ausscheidenden Gesellschafters beendet werden und er verpflichtet ist, seine Ämter niederzulegen. (OLG Nürnberg Urteil vom 20.12.13 – 12 U 49/13)

 

 

Eine in England erloschenen Limited Company

besteht in Deutschland als Personen Gesellschaft fort, wenn sie hier eine Tätigkeit entfaltet oder Vermögenswerte besitzt. Soweit sie ein Handelsgewerbe betreibt, ist sie dann eine deutsche Offene Handelsgesellschaft mit den Gesellschaftern der englischen Limited als Gesellschaftern; liegt kein Handelsgewerbe vor, handelt es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR).

OLG Celle, 29.5.2012 – 6 U 15/12.

 

1. "In der Krise ist der GmbH-Geschäftsführer nicht verpflichtet, vorrangig die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung abzuführen."
2. "Eine faktische Geschäftsführung besteht nur, wenn der Handelnde auch mit Außenwirkung für eine GmbH aufgetreten ist. Der faktische Geschäftsführer haftet nach § 64 Abs. 2 GmbHG und auch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 266 StGB."
BGH-Urteil v. 11.07.2005 II ZR 235/03
 

Keine Actio pro socio unmittelbar gegen Fremdgeschäftsführer einer GmbH & Co KG

Zwei Kommanditisten einer GmbH & Co KG verklagten den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH unmittelbar auf Schadenersatz in Höhe von € 1,7 Mio. An sich ist es prinzipiell möglich, dass Gesellschafter einen Personen- oder Handelsgesellschaft Schadenersatzansprüche zu Gunsten der Gesellschaft geltend machen können, wenn entweder der dafür zuständige Gesellschafter die Klageerhebung verweigert oder aber bei diesem ein Interessenkonflikt vorliegt, etwa wenn sich der Anspruch gegen ihn selbst richtet. Dann haben die Gesellschafter ein besonderes Interesse, den Anspruch der Gesellschaft einzuklagen.

Entgegen der Vorinstanzen, hat der zweite für Gesellschaftsrecht zuständige Zivilsenat des Bundesgerichtshof die Klage jedoch abgewiesen, weil die Kommanditisten den Geschäftsführer, der kein Gesellschafter war, unmittelbar auf Zahlung an die KG verklagt hatten. Soweit es sich um einen Anspruch aus dem Gesellschaftsverhältnis handelt, greift die Actio pro socio nur ein, wenn die Klage des Gesellschafters im eigenen Namen gegen einen Mitgesellschafter erhoben wird, nicht jedoch gegen einen Fremdgeschäftsführer.

Vorliegend hätten die Kommanditisten zunächst die Komplementär-GmbH verklagen müssen. Aus einem Urteil gegen die Komplementär-GmbH hätte man dann deren Anspruch gegen den Geschäftsführer gemäß § 43 II GmbHG vollstrecken können. BGH U. v. 19.12.2017 – II ZR 255/17.

 

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GMBH-RECHT

Bei der Abberufung von Geschäftsführern oder Prokuristen ist Eile geboten. Nach § 15 Abs. 1 HGB kann eine Geschäftsführer oder Prokurist eine GmbH auch dann noch wirksam verpflichten, wenn er bereits abberufen ist, diese Tatsache jedoch noch nicht ins Handelsregister eingetragen wurde. Nur dann, wenn der Vertragspartner positive Kenntnis von der Abberufung hat, wird die GmbH nicht verpflichtet. Bloßes Kennenmüssen oder fahrlässige Unkenntnis reichen nicht aus, ebenso wenig wie bloße Zweifel des Vertragspartners der GmbH über die Geschäftsführereigenschaft. Also auch dann, wenn dem Vertragspartner Auseinandersetzungen innerhalb der GmbH zwischen den Gesellschaftern und dem Geschäftsführer bekannt sind, die Anlass zur Annahme geben könnten, dass der Betreffende abberufen wurde, ergibt sich daraus noch keine positive Kenntnis.

Insoweit ist dringend zu empfehlen, Abberufungsbeschlüsse möglichst umgehend über einen Notar beim Handelsregister anzumelden.

 

 

Insolvenz des Gesellschafters und der Gesellschaft

Gewährt ein Gesellschafter vor seiner eigenen Insolvenz der Gesellschaft ein Darlehen, kann dies durch den „persönlichen“ Insolvenzverwalter nicht angefochten werden. Aus Sicht der Gesellschaft handelt es sich um Eigenkapitalersatz, sodass deren Insolvenzverwalter den Nachrangeinwand erheben kann. Dagegen kann auch nicht der Einwand des Verwalters des insolventen Gesellschafters vorgebracht werden, es handele sich um eine unentgeltliche Leistung des Gesellschafters. (BGH U.v. 13.10.2016 – IX ZR 84/14)

 

 

Leistungen Transportrecht

Bei einem vom Absender gekündigten Frachtvertrag hat der Frachtführer Anspruch auf die vereinbarte Fracht, das ist die vereinbarte Fracht abzüglich seiner ersparten Aufwendungen. Stattdessen kann er aber auch pauschal ein Drittel der vereinbarten Fracht (Fautfracht) verlangen. Es handelt sich um einen einheitlichen Entschädigungsanspruch, sodass der Frachtführer auch dann noch die Fautfracht verlangen kann, wenn er zuvor die erste Alternative von § 415 Abs. 2 Ziff. 1 HGB vereinbarte Fracht abzüglich der Aufwendungen verlangt hat.

 

 

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BANKRECHT UND KAPITALMARKTRECHT

1. Verbraucherfreundliche Entscheidung des BGH auch bei Firmendarlehen

Das Verbraucherdarlehensrecht ist auch bei einer Mithaftungsübernahme des geschäftsführenden Gesellschafters einer GmbH & Co. KG anwendbar, wenn die neu gegründete Gesellschaft das Darlehen zur Anschubfinanzierung aufgenommen hat. Der Darlehensvertrag sah vor, dass die Gesellschafter für die Rückzahlung des Darlehens als Gesamtschuldner mit der Gesellschaft haften sollten. Angaben zum Gesamtbetrag aller von der Gesellschaft zu leistenden Zahlungen und zum effektiven Jahreszins enthielt der Vertrag nicht. Nach der Kündigung der Geschäftsverbindung verlangte die Klägerin von dem Gesellschafter Rückzahlung des Darlehens und der aufgelaufenen Zinsen.
Der BGH stellt fest, dass die Mithaftungsübernahme wegen Verstoßes gegen die Formvorschriften des § 492 Abs. 1 S. 5 Nr. 2 u. 5 BGB nach § 494 Abs. 1 BGB nichtig ist (früher § 4 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 b und e, § 6 VerbrKrG). Der Schuldbeitritt sei einem Darlehensvertrag gleichzustellen. Das gelte auch dann, wenn der Schuldbeitritt zu einem Existenzgründungskredit von mehr als 50.000 € erfolge, obwohl in diesem Fall Verbraucherdarlehensrecht nach § 507 BGB (früher § 3 Abs. 1 Nr. 2 VerbrKrG) nicht anwendbar wäre, wenn der Gesellschafter selbst als natürliche Person das Darlehen aufgenommen hätte. Entscheidend sei, dass der Geschäftsführer/Geschäftsführer einer GmbH oder GmbH & Co. KG - unabhängig von seiner früheren Tätigkeit - zum Zeitpunkt der Mithaftungserklärung als Verbraucher i.S.d. § 13 BGB anzusehen sei. Ein Geschäftsführer einer GmbH übe keine gewerbliche oder selbständige Tätigkeit aus, auch die Frage seiner Geschäftserfahrung spiele keine Rolle Soll ein Geschäftsführer oder Gesellschafter also wirksam die Haftung für die Darlehensschuld der Gesellschaft übernehmen, muss die Bank zwingend die Formvorschriften des § 492 BGB beachten.

BGH Urteil v. 24.7.2007 (XI ZR 208/06, DStR 2007, 2022)


2. Datenübermittlung an Schufa ohne Interessenabwägung unzulässig

Kundendaten aufgrund einer generellen Einwilligung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Vertrages dürfen ohne eine Interessenabwägung im Einzelfall oder das konkrete wirksame Einverständnis des Kunden nicht an die Schufa Holding AG weitergeleitet werden. So lautet eine aktuelle Entscheidung des OLG Düsseldorf.

Im Streitfall hatte der Leasinggeber persönliche Daten des Leasingnehmers an die Schufa gemeldet, nachdem zwischen den Vertragsparteien nach Kündigung des Leasingvertrages über die Höhe der Restforderung Streit entstanden war. Das Landgericht hielt die Datenübermittlung unter Hinweis darauf, dass die Restforderung im Endergebnis getilgt und sich damit als begründet erwiesen habe, für gerechtfertigt und wies die in erster Linie auf den Widerruf der Daten gegenüber der Schufa Holding AG gerichtete Klage ab. Auf die Berufung des Klägers hat der Senat nun dieses Urteil abgeändert und den Leasinggeber verpflichtet, auf eine Löschung der Kundendaten bei der Schufa hinzuwirken.

Nach Auffassung des Senats ist eine formularmäßig erklärte Einwilligung zu einem Datentransfer ohne Berücksichtigung der nach dem Bundesdatenschutzgesetz vorgeschriebenen Interessenabwägung vor Weitergabe von Daten unwirksam. Im konkreten Fall verwiesen die Formularbedingungen zwar auf die nach dem Bundesdatenschutzgesetz gebotene Interessenabwägung. Die danach gebotene Abwägung zwischen den schutzwürdigen Belangen des Leasingnehmers einerseits und den berechtigten Interessen des Leasinggebers bzw. der Schufa Holding AG und der Allgemeinheit an der Kenntniserlangung von Daten zur Zahlungsfähigkeit und -willigkeit andererseits war in dem zu entscheidenden Fall aber gänzlich unterblieben. Sie wäre hier, wie in dem Urteil weiter ausgeführt wird, unter den besonderen Umständen des Einzelfalles überdies zu Gunsten des Leasingnehmers ausgegangen.

OLG Düsseldorf - I-10 U 69/06
(Meldung vom 19.12.2006)

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GEWERBLICHER RECHTSSCHUTZ UND WETTBEWERBSRECHT

Streitwerte bei urheberrechtlichen Unterlassungsansprüchen wegen Produktfotos für private Internetaktionen (auf eBay)

Mit Urteil vom 14.10.2011 hat das OLG Braunschweig wie folgt entschieden: Der Streitwert eines urheberrechtlichen Unterlassungsanspruchs ist nicht einheitlich, sondern bemisst sich an dem individuellen Interesse des Klägers and er Rechtsdurchsetzung. Wenn der Urheber das Werk selbst vermarktet, erfolgt die Streitwertbemessung in Anlehnung an den drohenden Lizenzschaden. Will der Urheber nur die Exklusivität seines Werkes sichern, also nur den Werbewert des Fo-tos erhalten, dann ist die Verminderung des Werbewertes bei der Streitwertbemessung zu be-rücksichtigen. Geht es nur um die Achtung der schöpferischen Leistung, ist das immaterielle Interesse für die Streitwertbemessung maßgeblich.

Das Oberlandesgericht hatte den zunächst angenommenen Streitwert von € 6.300,00 auf € 600,00 herabgesetzt. Im Gegensatz dazu bemisst das Oberlandesgericht Hamburg die Streitwerte bei der Verwen-dung fremder Photos zwischen € 6.000 und € 10.000. Damit soll eine generalpräventive Ab-schreckungsfunktion verbunden sein.

Das Oberlandesgericht Brandenburg berechnet den Tarif für Einstellungen eines Photos in den Onlinedienst / Internet wie folgt: Entgangenes Lizenzentgelt € 60,00 pro Woche zzgl. € 10,00 Zuschlag wegen der Konkurrenzsituation, 50% Zuschlag wegen Wiederholungsnut-zung und schließlich 100% Aufschlag wegen unterlassener Urheberbezeichnung. Auch die vorgerichtlichen Anwaltskosten sind zu erstatten. (OLG Brandenburg, Urteil v. 15.5.2009 – 6 U 37/08- .

 

"Markenschutzrechtsverletzungen eines Tochterunternehmens schlagen lt. BGH auf Konzernmutter durch."

BGH, Urteil vom 07.04.2005, Az. I ZR 221/02:
Haftung der Tchibo-Holding für markenrechtsverletzende Verwendung der Bezeichnung "Meißner Dekor" durch Tchibo-Versandunternehmen.

Die Tchibo-Holding haftet für Markenrechtsverletzungen des Tchibo-Versandunternehmens als eigenständiges Tochterunternehmen durch Verwendung der Bezeichnungen "Meißner Dekor" bzw. "Original Meißner Dekor". Die Muttergesellschaft muss sich das rechtsverletzende Verhalten der Tochtergesellschaft trotz rechtlicher Selbständigkeit zurechnen lassen, da die Tochtergesellschaft in den Vertrieb der Muttergesellschaft eingebunden und ihrem beherrschenden Einfluss ausgesetzt ist. Der Begriff "Beauftragter" in § 14 Abs. 7 MarkenG ist weit auszulegen. ("Meißner Dekor II")

 

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BAU- UND IMMOBILIENRECHT

1. Bürgschaft für Werklohnforderungen aus einem Bauvertrag - Auftragserweiterung

Eine Bürgschaft, die für Werklohnforderungen aus einem Bauvertrag übernommen worden ist, erstreckt sich gemäß § 767 I S. 3 BGB auch dann nicht auf Entgeltforderungen aus später vom Auftraggeber verlangten Auftragserweiterungen nach § 1 Nr. 3, § 1 Nr. 4 S. 1 oder § 1 Nr. 4 S. 2 VOB/B, wenn für den Bürgen bei Abschluss des Bürgschaftsvertrags erkennbar war, dass der Bauvertrag der VOB/B unterliegt (BGH U. v. 15.12.2009 - XI ZR 107/08).

 

2. "Wichtiges Urteil des OLG Celle zur Bauhandwerkersicherungshypothek, § 648 BGB"
OLG Celle, 07. Zivilsenat, Urteil, 7 U 199/03, 21.04.2004

a.) Wer als Auftraggeberin für die Sanierung seines privaten Hausgrundstück eine von ihm beherrschte GmbH, deren Geschäftszweck mit solchen Arbeiten nichts zu tun hat, einsetzt, um werterhöhende Bauleistungen für sein Hausgrundstück zu erhalten, ohne Sicherungsansprüchen nach § 648 BGB ausgesetzt zu sein, kann sich nach Treu und Glauben nicht auf die fehlende Identität zwischen Auftraggeber und Grundstückseigentümer berufen.
b.) Ist die Werklohnforderung gegen die GmbH in einem Vorprozess rechtskräftig tituliert, und geht es nur noch darum, ob der Bauunternehmer diese rechtskräftig titulierte Forderung ausnahmsweise durch eine Sicherungshypothek am schuldnerfremden Grundstück sichern darf, sind dem Grundstückseigentümer Einwendungen gegen die Höhe der Forderung (wie z.B. Mängelansprüche der GmbH) verwehrt (Bindungswirkung der Rechtskraft des Vorprozesses).

 

3."Richtiges Verhalten des Bauherrn gegenüber dem Werkunternehmer beim Vorliegen von Mängeln"

In der Praxis taucht immer wieder das Problem auf, dass sich der Bauherr, meist aus Verärgerung gegenüber dem Bauunternehmer falsch verhält, wenn Mängel an dem Bauwerk auftreten. Hier gilt zunächst der Grundsatz, dass dem Werkunternehmer beim Vorliegen von Mängeln das Recht zur Nachbesserung zusteht.

Dieses Nachbesserungsrecht, nach der BGB-Novelle vom 01.01.2002 nun als Nacherfüllungsanspruch bezeichnet, kann dem Unternehmer nicht abgeschnitten werden.

Es ist des Weiteren zu beachten, dass der Bauherr dem Werkunternehmer Art und Weise der Mängelbeseitigung bzw. der Nacherfüllung nicht vorschreiben kann; der Werkunternehmer ist gegenüber dem Bauherrn nur verpflichtet, sein Gewerk nach den sogenannten anerkannten allgemeinen Regeln der Baukunst zu erstellen. Erst wenn Nachbesserungsversuche des Werkunternehmers mehrfach fehlgeschlagen sind, kann der Bauherr gem. § 637 Abs. 2 BGB weitere Angebote zur Mängelbeseitigung mit dem Hinweis ablehnen, dass er das Vertrauen in die Fähigkeiten des Unternehmers verloren hat.

Die Rechtsprechung stellt auf den Einzelfall ab, wie viele Nachbesserungsversuche dem Unternehmer zugestanden werden müssen. Dieses hängt von der Art und dem Umfang des Mangels ab. In der Regel müssen dem Werkunternehmer 2 bis 3 Versuche zugestanden werden.

Um längere Stillstandzeiten am Bau zu vermeiden, empfiehlt es sich gerade während der Bauphase, die Voraussetzungen für eine sogenannte Selbstvornahme zu schaffen. Auch in diesem Zusammenhang müssen Formalien eingehalten werden, um die Voraussetzungen für die Selbstvornahme nach § 637 BGB rechtswirksam zu schaffen. Es empfiehlt sich mit einer sogenannten „doppelten Fristsetzung“ wie folgt zu arbeiten:
 
"Sehr geehrter Herr Bauunternehmer,

bei dem von Ihnen erstellten Gewerk sind inzwischen folgende Mängel aufgetreten:
[hier muss jetzt eine möglichst exakte Beschreibung der aufgetretenen
Mängel erfolgen]
Ich fordere Sie auf, binnen einer Frist von 2 Wochen nach Zugang dieses Schreibens die verbindliche Erklärung abzugeben, die vorbenannten Mängel und Ihre Gewährleistungsverpflichtung für diese Mängel anzuerkennen und geeignete Vorschläge für die Mängelbeseitigung vorzulegen.
Für die Beseitigung der angezeigten Mängel setze ich Ihnen eine Frist von weiteren 2 Wochen; diese Frist endet also 4 Wochen nach Zugang dieses Schreibens.
[Datum, Unterschrift]"

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INSOLVENZVERFAHREN RESTSCHULDBEFREIUNG

Schuldner muss unlukrative selbständige Tätigkeit nicht sofort aufgeben

Im Regelinsolvenzverfahren besteht keine Pflicht, ein abhängiges Dienstverhältnis einzugehen, wenn die vom Verwalter freigegebene selbstständige Tätigkeit keinen wirtschaftlichen Erfolg hat. Zwar muss der Schuldner während der Laufzeit der Abtretungserklärung einer angemessenen Erwerbstätigkeit nachgehen. Dies gilt jedoch nicht, solange das Insolvenzverfahren noch anhängig ist. Die Arbeitskraft des Schuldners gehört nicht zur Insolvenzmasse. BGH IX ZB 38/10 B. v. 13.06.2013

Während der sechsjährigen Wohlverhaltensperiode sind Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger unzulässig. Zahlungen dürfen nur an den Treuhänder geleistet werden und keinem Insolvenzgläubiger darf einen Sondervorteil verschafft werden, §§ 294 Abs. 1, 295 Abs. 1 Ziff. 5 InsO.

Vor allem bei überschuldeten Gewerbetreibenden bestehen vielfach Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt. Soweit die Betroffenen nach Abschluss des Verfahrens erneut eine gewerbliche selbständige Tätigkeit ausüben, ergeben sich bei der Umsatzsteuer oftmals Erstattungsansprüche aus Vorsteuern gegenüber dem Finanzamt. Ungeachtet der Intention der Insolvenzordnung, dem Betroffenen einen weitgehend von den Altschulden unbelasteten Neuanfang zu ermöglichen, können die Finanzämter jedoch mit ihren Altforderungen gegenüber diesen Vorsteuer-Erstattungsansprüchen aufrechnen. Insoweit gilt das Aufrechnungsverbot gemäß § 96 InsO nicht, wenn das Insolvenzverfahren beendet und der Gewerbebetrieb vom Verwalter freigegeben wurde. Dies hat das Finanzgericht Thüringen mit Urteil vom 10.04.08 - 1 K 757 /07 entschieden. Entsprechendes gilt aber auch bei Lohnsteuererstattungsansprüchen während der Wohlverhaltensperiode.

Diese Rechtslage ist bedauerlich. Die Vorsteuerstattung ist ein maßgeblicher betriebswirtschaftlicher Faktor, deren Einbehalt durch das FA erschwert den beruflichen Neuanfang. Letztlich wird dadurch auch die von der Insolvenzordnung gewollte Gleichbehandlung der Altgläubiger konterkariert.

Gewerbetreibenden ist daher zu empfehlen, ihre weitere gewerbliche Tätigkeit nicht als Einzel-Kaufmann sondern in einer anderen Rechtsform (z.B. GmbH) auszuüben.

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VERSICHERUNGSRECHT / HAFTUNGSRECHT

Direktklage bei Betriebshaftpflichtversicherungen und D & O Versicherung

Anders als bei Pflichtversicherungen etwa KFZ oder der Berufshaftpflichtversicherung der Architekten besteht bei freiwilligen Betriebshaftpflichtversicherungen kein direkter Anspruch des Geschädigten gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers. Der Geschädigte muss den Schädiger verklagen und dieser hat dann einen Freistellungsanspruch gegen seine Versicherung. Zwar kann der Schädiger seinen Deckungsanspruch gegen den Versicherer an den Geschädigten abtreten, weigert er sich aber und gibt auch der Insolvenzverwalter im Falle der Insolvenz des Schädigers die Versicherungsansprüche aus der Insolvenzmasse nicht frei, kann der Geschädigte gegen den Haftpflichtversicherer auf Feststellung des Bestehens von Versicherungsschutz klagen, etwa um die Verjährung des Deckungsanspruchs zu vermeiden.

OLG Celle, U. v. 5.7.2012 – 8 U 28/12 im Anschluss an BGH IV ZR 265/06, VersR 2009, 1485; BGH, U. v. 15.11.2000 – IV ZR 223/99, VersR 2001, 90.

 

Auch bei einer Directors-and-Officers-Versicherung (D&O-Versicherung) kommt eine Direktklage in Betracht. Durch eine D&O-Versicherung werden Haftungsansprüche gegen Firmenleiter oder leitende Angestellte abgedeckt. Versicherungsnehmer sind zumeist nicht die versicherte Person, sondern die Anstellungsfirma. Lehnt dann der Versicherer eine Deckung ab und wird der Deckungsanspruch nicht von der versicherten Person geltend gemacht, kann dies auch durch die Anstellungsfirma als Versicherungsnehmer geschehen. (Rspr. des IV. Zivilsenats BGH 05.04.2015 – IV ZR 360/15)

 

 

Neue Grundlegende Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Verrechnung der Abschlusskosten bei Lebens-, Renten- und fondsgebundenen Rentenversicherungen

Der für Versicherungsfragen zuständige IV. Senat des Bundesgerichtshofs hat in einer wegweisenden Entscheidung die allgemein gehaltenen Hinweise auf die Verrechnung der Abschlusskosten nach dem Zillmerverfahren für unwirksam erklärt. Dies gilt selbst dann, wenn die Höhe des Rückkaufwerts einer im Versicherungsschein beigefügten Garantiewerttabelle entnommen werden kann. Entsprechendes gilt auch, wenn die Versicherung beitragsfrei gestellt wird. Der insoweit enthaltene Hinweis auf einen angemessenen Abzug nach § 174 VVG wird als nicht ausreichend erachtet.

"1. Bestimmungen in Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Kapitallebensversicherung und die aufgeschobene Rentenversicherung, die vorsehen, dass die Abschlusskosten im Wege des so genannten Zillmerverfahrens mit den ersten Beiträgen des Versicherungsnehmers verrechnet werden, stellen eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers dar und sind daher gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Entsprechendes gilt für eine inhaltlich vergleichbare Regelung in der fondsgebundenen Rentenversicherung.

2. Klauseln, die nicht hinreichend deutlich zwischen dem Rückkaufswert gemäß § 176 Abs. 3 VVG a.F. und dem so genannten Stornoabzug in § 176 Abs. 4 VVG a.F. differenzieren, sind wegen Intransparenz gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam."

BGH, U. v. 25.7.2012, IV ZR 201/10

 

 

Anfechtung bei inkongruenter Deckung gemäß § 131 InsO

Hat jedoch ein Gläubiger nach einem von ihm selbst gestellten Insolvenzantrag die Erfüllung seiner Forderung vom Schuldner erhalten und nimmt er anschließend den Antrag zurück, besteht der Anfechtungsgrund gemäß § 131 InsO, wenn dem Schuldner durch die Befriedigung seiner gegenwärtigen Gläubiger keine Mittel mehr zur Verfügung stehen, die er zur Erfüllung anderer als bald fälliger Verbindlichkeiten benötigt; BGH, U. v. 25.10.2012; IX ZR 117/11.

 

 

Hat die Versicherung nach Inkrafttreten des neuen Versicherungsvertragsgesetzes

einem Versicherten Leistungen verweigert und entsprechend des § 12 Abs. III VVG alte Fassung auf die Ausschlussfrist zur Klageerhebung von 6 Monaten ab Zugang des Schreibens hingewiesen, ist dies unwirksam. Der BGH hat nun entschieden, dass entgegen der Rechtsauffassung beider Vorinstanzen die frühere Ausschlussfrist auch in Übergangsfällen bis Ende 2008, bei denen der Schaden vor dem 1.1.2008 eingetreten ist, n i c h t gilt. BGH IV ZR 2/11 Urteil. v. 8.2.2012.

Heute richtet sich die Verjährung im Grundsatz nach den allgemeinen Vorschriften § 195 BGB drei Jahre nach dem schädigenden Ereignis, mit der Ultimoregelung ab dem 1.1.des auf das schädigende Ereignis beginnenden Folgejahrs, es sei denn die Verjährung wird durch Verhandlungen mit dem Versicherer gehemmt, §15 VVG.

 

 

Nach dem neuen Versicherungsvertragsgesetz (VVG) führt nicht jede Obliegenheitsverletzung

des Versicherungsnehmers (VN) zu einem Leistungsausschluss des Versicherers. Dies ist nur bei einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung der Fall. Liegt grobe Fahrlässigkeit bei dem VN vor, ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung "in einem der schwere des Verschuldens des VN entsprechenden Verhältnis zu kürzen", § 28 Abs. 2 VVG.

Allerdings gilt diese Regelung dann wiederum nicht, wenn die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt, noch für die Feststellung der Versicherungsfalles noch für die Feststellung des Umfangs der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist, es sei denn, der VN hätte arglistig gehandelt; Kausalitätsgegenbeweis - § 28 Abs. 3 VVG.

Zu dieser Neuregelung liegen nun die ersten Entscheidungen vor. Nach Auffassung des Kammergerichts Berlin (Oberlandesgericht) sind Falschangaben des VN zur Laufleistung eines gestohlenen Fahrzeugs dann unschädlich, wenn der Versicherer durch Schlüsselauslesung des entwendeten Fahrzeuges wusste, dass eine höhere Fahrleistung vorliegt. Hier konnte der Versicherer also aufgrund seiner Kenntnis von der tatsächlichen Fahrleistung den korrekten - niedrigeren - Wiederbeschaffungswert ermitteln und wurde zur Zahlung verurteilt. Der Versicherer konnte sich nicht auf Leistungsfreiheit wegen Falschauskunft berufen. Anders wäre nur dann zu entscheiden gewesen, wenn der VN eine arglistige Falschauskunft erteilt hätte. Eine bloße Gefährdung des Aufklärungsinteresses auf Seiten des Versicherers ist nicht ausreichend, um den Kausalitätsgegenbeweis des VN auszuschließen. KG Berlin Urteil vom 9.11.2010 - 6 U 103/10

 

Kautionsversicherung und Insolvenz

Kautionsversicherungsverträge sind Geschäftbesorgungsverträge und erlöschen gem. § 116 S.1 , § 115 I InsO mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Prämienansprüche für die Zeit nach Eröffnung lassen sich nicht damit rechtfertigen, dass der Versicherer trotz Beendigung des Auftragsverhältnisses mit dem Schuldner weiter gegenüber dem Begünstigten haftet und deshalb Risikovorsorge zu treffen hat. BGH Urteil vom 18.11.2010 IX ZR 17/10. Der Kreditversicherer musste vorliegend die am Jahresanfang gezahlte Gesamtprämie für die Ausreichung einer Avallinie anteilig wieder an den Verwalter zurückzahlen; die auf die einzelne Bürgschaft entfallende Prämie wurde jeweils anteilig abgerechnet. Die Prämie wurde jedoch für die Avallinie insgesamt gezahlt. Prämienansprüche für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens waren demnach bei der Eröffnung noch nicht begründet. Der Versicherer haftet jedoch gegenüber dem Bürgschaftsbegünstigten weiter, ohne kalkulatorisch hierfür noch ein Entgelt zu erhalten.

 

Lebensversicherung: Leistung mit befreiender Wirkung trotz gefälschter Unterschrift.

Aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu kapitalbildenden Lebens-versicherungen ist es uns gelungen, höhere Rückkaufswerte durchzusetzen. Wird mit der Kündigung eines Versicherungsvertrages der Originalversicherungsschein vorgelegt, durch den der Kündigende als Versicherungsnehmer ausgewiesen wird, und ist die Kündigung mit dessen Namen unterzeichnet, darf der Versicherer grundsätzlich mit befreiender Wirkung an die bezeichnete Zahlstelle leisten, selbst wenn die Unterschrift unter der Kündigungserklärung sich später als gefälschte herausstellt. (BGH Urteil vom 20.05.2009 - IV ZR 16/98).

Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgericht sind zu finden unter:
Urteil vom 26.07.2005 - 1 BvR 80/95
http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20050726_1bvr008095.html
Urteil vom 26.07.2005 - 1 BvR 782/94 und 1 BVR 757/96
http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20050726_1bvr078294.html


Autounfall mit sicherungsübereigneten KFZ

Autounfall mit sicherungsübereigneten KFZ Bei Autounfällen kommt es oft vor, dass der Wagen nicht dem Halter gehört sondern wegen der Finanzierung einer Bank sicherungsübereignet wird. Geschieht dann ein Unfall, bei dem ein Verschulden des Halters nicht feststeht, kann die sog. Betriebsgefahr dem Schaden-ersatzanspruch des Sicherungseigentümers gemäß § 7 I StVG nicht entgegengehalten werden. Sogar dann nicht, wenn der Halter den Schadenersatzanspruch als fremdes Recht im eigenen Namen geltend macht.
Im Klartext: Der Sicherungseigentümer, der nicht unmittelbarer Besitzer des Wagens ist, stellt sich bei einem Unfall ohne Verschulden des Fahrers besser als ein „normaler“ KFZ Eigentümer. (BGH U.v. 07.03.2017 - VII ZR 125/16)

 


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INGENIEURRECHT

Die Sekundärhaftung für Mängel der Architektenleistung ist grundsätzlich nicht auf die Verjährungsfrist für andere Sonderfachleute im Zusammenhang mit der Errichtung von Bauwerken anwendbar

Der umfassend beauftragte Architekt ist verpflichtet, für die Mängelfreiheit des Bauwerks zu sorgen. Stellt er dabei fest, dass er selbst einen Fehler begangen hat, ist er verpflichtet, den Auftraggeber darauf hinzuweisen. Solange dies nicht geschieht, kann er sich nicht auf die gesetzliche Verjährung berufen (Werkvertrag 5 Jahre).

Dies gilt auch für den Ingenieur, der mit der Errichtung von Ingenieurbauwerken beauftragt wird (§ 40 HOAI 2009).

Der BGH stellt mit dieser Entscheidung noch einmal ausdrücklich klar, dass diese sekundäre Verjährung nicht für Tragwerksplaner und andere Sonderfachleute gilt, die nur Teilleistungen des Gewerks Elektroarbeiten nach HOAI erbringen.

BGH, Urteil vom 28.7.2011 – VII ZR 4/10

 

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AUTO-WERKVERTRAGSRECHT

Schadenersatzanspruch gegen KFZ-Werkstätte:

Oft werden von KFZ-Werkstätten unnötige Reparaturen durchgeführt. Nunmehr hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Autowerkstätte von einer Reparatur abraten muss, wenn weitere Reparaturen notwendig sein könnten, um den Mangel zu beheben.

Ein Werkstattinhaber hat den Autobesitzer fahrlässig nicht darauf hingewiesen, dass zur Beseitigung von Motorklopfgeräuschen nicht nur der Austausch der Einspritzdüse genügt, sondern auch die erheblich teurere Reparatur des Pleuellagers notwendig sein könnte. Die Kosten dieser weiteren Reparatur hätten dann den Wiederbeschaffungswert des KFZ überstiegen.

Der Autobesitzer hatte zu erkennen gegeben, dass er nur an wirtschaftlich sinnvollen Reparaturen interessiert wäre.

Der BGH nimmt bereits im Vorfeld der Auftragsvergabe ein Schuldverhältnis an, das den Unternehmer verpflichtet, verlässliche Informationen über die notwendigen Kosten der Schadensbehebung insgesamt zu erteilen. Ein Rechtspflicht zur Aufklärung bei Vertragsverhandlungen besteht bereits dann, wenn der Gegner redlicherweise Mitteilungen über die notwendigen Tatsachen für seine Entscheidungsfindung erwarten darf.

Der KFZ-Reparateur musste die unnötigen Kosten des durchgeführten Auftrags, der nicht zur Mängelbeseitigung führte, im Wert von ca. € 1650,00 zurückzahlen (BGH Urteil vom 14.09.2017 – VII ZR 307/16)

 

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TRANSPORTRECHT

Der Hinweis des Auftragsgebers an den Frachtführer auf einen sehr hohen Wert des Transportgutes muss nicht zwingend bis zum Abschluss des Frachtvertrages erfolgen. Er muss jedoch so rechtzeitig erteilt werden, dass der Frachtführer im normalen Geschäftsablauf entscheiden kann, ob er angesichts des Wertes den Frachtvertrag überhaupt ausführen will oder aber wenn er sich für die Ausführung entscheidet, besondere Sicherungsmaßnahmen ergreifen kann.

BGH, U. v. 13.6.2012 – I ZR 87/11.

Das Berufungsgericht und ihm folgend der Bundesgerichtshof hat jedoch ein Mitverschulden des Auftraggebers angenommen, weil der Wert des Frachtgutes erst bei der Abholung genannt wurde. Insoweit kam es zu einer Schadenteilung zwischen Auftraggeber

 

 

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Insolvenzrecht

Abwicklung eines Anfechtungsanspruchs bei nur teilweise unentgeltlicher Leistung

Wird einem Dritten von einem klammen Schuldner ein Gegenstand übereignet, und bleibt die von dem Dritten gezahlte Gegenleistung deutlich hinter dem Wert zurück, kann der Anfechtungsberechtigte den Dritten, im Wege der Anfechtung, auf Duldung der Zwangsvollstreckung in dem zugewandten Gegenstand verklagen. Im Wege der Widerklage kann der gutgläubige Empfänger den Anspruch auf Rückgewehr seiner Gegenleistung aus dem Verwertungserlös des Gegenstandes verlangen. (BGH U.v. 15.12.2016 – IX ZR 113/15)

 

 

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